Vom Plastik aus der Biotonne
Es wird allerorten gelockert und viele freuen sich im Frühjahr aufs Shopping. Aber mit den Waren, die wir einkaufen, holen wir uns Unmengen an Plastikverpackungen ins Haus; Tüten, Folien, Dosen, Flaschen, Styropor. Vieles davon trägt den „Grünen Punkt“ und landet in der gelben Tonne, vieles auch im Restmüll. Doch wo bleibt das übrige Plastik? Weiter lesen … Seit 2015 ist die getrennte Verwertung von organischem Abfall in Deutschland vorgeschrieben. Was die Haushalte davon nicht selbst kompostieren, sollen sie über ihre grünen oder braunen Biotonnen entsorgen. In diese gehören alle pflanzlichen und tierischen Küchenabfälle sowie die Pflanzenabfälle aus dem Garten. Dieses Material vergärt in Biogasanlagen zur Energieerzeugung oder verrottet in Aufbereitungsanlagen zu wertvollem Kompost, der dann dem natürlichen Kreislauf wieder zugeführt wird. Alles andere, also z.B. Metalle, Glas, Zigarettenstummel, Windeln und eben auch sämtliches Plastik hat in der Biotonne nichts verloren! Leider benutzen unwissende oder gleichgültige Zeitgenossen ihre braune Tonne regelmäßig für gewöhnlichen, meist in Tüten verpackten Abfall, der eigentlich in die graue Mülltonne gehört. Durch diese sog. „Fehlwürfe“ finden sich große Plastikmengen auch im Biomüll wieder. Je nach Wohngegend werden ein Fünftel bis nahezu sämtliche Biotonnen auf diese Weise missbraucht. Mit gravierenden Folgen: Zunächst entstehen den Entsorgungsbetrieben (und damit letztlich der Allgemeinheit) hohe Kosten für die nachträgliche mechanische Trennung des organischen Abfalls von seinen Verunreinigungen. Die unvermeidlichen Reste, mitunter große Fetzen, meist aber wenige Zentimeter bis Millimeter groß, kontaminieren den späteren Kompost oder Gärschlamm: Eine Tonne Kompost aus Haushaltsabfällen darf nach geltendem Recht 0,1% Plastikfolien plus 0,4% andere Fremdstoffe wie Hartplastik enthalten, regelmäßig sind es bis zu 400.000 Partikel oder zwei Kilogramm an Mikroplastik (kleiner als 5 mm), es wurden aber auch schon 2%, also 20 kg Plastik pro Tonne Kompost gefunden!. Pro Einwohner und Jahr entsteht so die siebenfache Menge z.B. jenes Mikroplastiks, das aus Kosmetika und Reinigungsmitteln stammt! Kompost und Klärschlamm werden in Europa zur Hälfte als landwirtschaftlicher Dünger auf den Feldern ausgebracht. Hinzu kommen die ebenfalls stark mit Mikroplastik versetzten Klärschlämme. Im Ergebnis werden die Äcker trotz eingehaltener Grenzwerte der Düngemittelverordnung durch den vermeintlichen Biodünger unfreiwillig verseucht mit Mikroplastik. Die aktuelle Plastikverschmutzung der Böden wird auf das Vier bis Zwanzigfache der bekannt hohen Meeresverschmutzung geschätzt! Regenwürmer und Gliederfüßer verteilen die Partikel weiter in der Erde. Durch das Plastikfressen erreichen die nützlichen Würmer nicht mehr ihre normale Größe oder sterben ab. Weitere Effekte durch Mikroplastik im Boden auf Kleinstlebewesen oder Pflanzenwachstum werden derzeit noch erforscht. Trotzdem sorgen sich viele Bauern schon jetzt um ihre belasteten Felder. Die Auswirkungen betreffen uns aber alle: Mikroplastik reichert krebserregende Umweltgifte wie DDT, PCBs oder Lindan an. Die giftigen Inhaltsstoffe des Plastiks wie Bisphenol A oder die Weichmacher schädigen Erbgut und Hormonsystem. Zudem wird Mikroplastik im Laufe der Zeit immer weiter zu mikroskopischem Nanoplastik zerkleinert. Nanopartikel können von Pflanzen über die Wurzeln bis in die Blätter und so in unsere Nahrungskette gelangen, ganz gleich, ob „bio“ oder nicht. Als feiner Staub könnte Nanoplastik auch eingeatmet werden, genauso wie Asbest oder Blütenpollen. Die Lage ist so besorgniserregend, dass sich unlängst auch der Bundesrat mit dem Plastik im Kompost befassen musste. Das Problem ist groß, die Lösung ist offensichtlich: Weg mit dem Dreck aus den Biotonnen! Werden Sie nicht mitschuldig an der Plastikverseuchung der wertvollen organischen Abfälle! Und sprechen Sie darauf auch ihre Freunde und Nachbarn an. Weitere Informationen rund um Umwelt- und Naturschutz finden Sie über www.naburheinlahn.de.