NABU-Thema im Dezember: Der Luchs

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Er ist wieder da!

Ein großes Raubtier lebt wieder in unseren Wäldern! Nein, damit meinen wir nicht den Wolf, dessen amtlich ermittelter Bestand mit mehr als 1.600 Individuen in über 200 Rudeln in Deutschland inzwischen mindestens doppelt so hoch ist wie in ganz Skandinavien. Wir sprechen heute vom Luchs (Lynx lynx), der größten europäischen Raubkatze.

Kennzeichen

Der von Mitteleuropa bis China heimische Eurasische Luchs ist eine beeindruckende Erscheinung: Männliche Tiere wiegen bis zu 30 Kilogramm, die Schulterhöhe beträgt 50 bis 75 und die Körperlänge 80 bis 120 Zentimeter. Der hochbeinige Beutegreifer ist damit fast so groß wie ein Schäferhund. Das Fell des Luchses ist im Sommer graugelb bis rötlichbraun mit dunklen Flecken, im Winter eher grau und schwach gefleckt. An ihren Fleckenmustern können einzelne Luchse unterschieden werden. Auffällig sind die langen Ohrpinsel, der Backenbart, die breiten Pfoten und der kurze Schwanz. Gut getarnt und zudem überwiegend nachtaktiv, ist der Luchs für uns kaum zu entdecken.

Leiser Jäger

Rehe machen den größten Teil der Beute aus, dazu Feldhasen, Hirschkälber, junge Wildschweine, Füchse, Dachse, Marder und Vögel. Aber auch Nutztiere wie Schafe und Ziegen stehen manchmal auf dem Speiseplan. Luchse jagen als Sprinter: Sie schleichen sich bis auf wenige Meter an ihre Beute heran, überfallen sie blitzschnell und töten sie durch einen Biss in die Kehle.

Hohe Jungensterblichkeit

Wie fast alle Katzen sind Luchse Einzelgänger: Luchsin und Kuder finden nur zur Paarungszeit im Frühling zusammen. Die zwei bis fünf Jungen werden im Sommer an einem geschützten Platz geboren, etwa in einer Felshöhle oder unter einem Wurzelteller. Die mit 80% sehr hohe Sterblichkeit der Jungtiere ist bedingt durch Verkehrsunfälle, durch alle katzentypischen Krankheiten sowie durch den Mangel an geeigneten Revieren in naturnahen Waldgebieten: Diese müssen je nach Wildreichtum 100 bis 400 Quadratkilometer pro Luchs umfassen.

Ausrottung und Wiederansiedlung

Wegen seines kostbaren Pelzes und weil er als Jagd- und Herdenschädling galt, wurde der Luchs seit dem Mittelalter intensiv bejagt und war vor 200 Jahren in Deutschland völlig ausgerottet. Etwa ab 1960 wanderten einzelne Tiere wieder aus Tschechien nach Sachsen und Ostbayern ein. In den 1970er Jahren begannen Wiederansiedlungsprogramme mit Karpatenluchsen zunächst in der Schweiz und in Österreich, dann in den deutschen Nationalparks Harz und Bayerischer Wald. Nach anfänglichen Misserfolgen – die ausgewilderten Tiere verhungerten oder wurden abgeschossen – konnten sich lokale Populationen etablieren und vermehren. Inzwischen leben fast 200 Luchse wieder bei uns; die meisten im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzerwald. Die streng geschützten Katzen tauchen aber auch vermehrt in anderen Bundesländern auf, unter anderem in Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen, Thüringen; kürzlich auch im Westerwald! Es handelt sich dabei meist um abwandernde Luchse auf der Suche nach neuen Revieren. Da jedoch junge Luchsweibchen ihre Reviere immer nur angrenzend zu denen von Artgenossen einrichten, erholt sich der Luchsbestand in Deutschland nur sehr langsam und nicht ohne Hilfe des Menschen. Daher wird der Luchs weiterhin auf der deutschen Roten Liste als bedroht geführt. Es bleibt wichtig, die bestehenden Reviere durch Korridore zu verknüpfen und Verkehrshindernisse abzubauen, um die Ausbreitung zu fördern und Inzucht zu vermeiden.

Keine Gefahr für Menschen

Luchsangriffe auf Menschen sind übrigens unbekannt – normalerweise wird man die scheue Katze niemals zu Gesicht bekommen. Gleichwohl befürchten manche Menschen Verluste an Wild und Herdentieren. Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Bestände an Rot- und Rehwild in Luchsrevieren kaum zurückgehen und sogar Verbissschäden im Wald reduziert werden, weil das Wild weniger lange am selben Ort verharrt. Schafsrisse kommen zwar vor, aber seltener als beim Wolf und nur auf ortsfernen Weiden in Waldnähe.

Luchs versus Wolf

Apropos Wolf: Inzwischen mehren sich die Anzeichen dafür, dass in Luchsgebieten die Wolfsdichte zurückgeht oder Wölfe sogar verdrängt werden. Der Grund ist wohl, dass Jungwölfe zum Beutespektrum des Luchses zählen und Luchse einzelne Wölfe gezielt angreifen und töten, um einen bedrohlichen Nahrungskonkurrenten loszuwerden.

© NABU / Marc Scharping