Bedrohter Baumeister
Ostern ist vorüber und damit jene Jahreszeit, die im Mittelalter fatal für Biber war: Wegen ihres Schuppenschwanzes und ihrer Wassernähe galten sie als Fische und waren daher als Fastenspeise beliebt. Doch auch sonst wurden Biber intensiv bejagt, denn ihr dichtes Fell war ebenso begehrt wie das angeblich heilkräftige „Bibergeil“, ein Drüsensekret zur Fellpflege und Reviermarkierung. Zudem galten Biber als Schädlinge, die Wasserwege blockierten, Überschwemmungen auslösten und Ufer zerstörten. So kam es, dass der Europäische Biber, unser größtes Nagetier, im 19. Jahrhundert in Europa vor der Ausrottung stand. Regional, z.B. in Hessen, war er bereits um das Jahr 1600 verschwunden. Zum Glück hat mittlerweile ein Umdenken eingesetzt und der Biber ist in ganz Europa gesetzlich streng geschützt. Doch noch heute steht er in Deutschland als gefährdete Art auf der Roten Liste. Viele Menschen haben das beeindruckende Tier und seine Bauten leider noch nie gesehen.
Merkmale
Der Biber kann bis 130 cm lang und 30 kg schwer werden – damit ist er das zweitgrößte Nagetier der Erde. Seine orangen Nagezähne sind sehr groß, ständig nachwachsend und selbstschärfend. Als gewandter Taucher und Schwimmer kann der Biber durch verschließbare Ohren und Nasenlöcher bis zu 20 Minuten unter Wasser bleiben und wird dabei von seinem dichten Fell vor Auskühlung geschützt. Der platte, geschuppte Schwanz dient als Ruder, aber auch zur Fettspeicherung. Biber leben bevorzugt in gewässerreichen Landschaften an naturnahen Flussabschnitten, aber auch siedlungsnah in Gräben oder Fischteichen. In guten Revieren genügen zwei Kilometer Uferlänge für eine ganze Biberfamilie. Biber ernähren sich rein vegetarisch von etwa 2 kg Pflanzen täglich; im Sommer vor allem von Kräutern, Gräsern und Wasserpflanzen, im Winter fällen sie ganze Bäume und fressen Rinden und Zweige weicher Hölzer wie Pappeln oder Weiden.
Bauten
In ihren Revieren legen Biber Erdbaue in Böschungen von Gewässern an, die unter Wasser liegende Eingänge, mehrere Röhren und einen über dem Wasser liegenden Wohnkessel aufweisen. Ist das Ufer für einen Erdbau zu flach, dann bauen Biber eine „Burg“: Dazu schichten sie an einer geeigneten Stelle im Wasser Äste und Zweige aufeinander und nagen dann von unten her den Wohnkessel in den Asthaufen. In ihren Bauen bringen die monogamen Biberpaare zwischen April und Juni zwei bis vier Junge zur Welt. Zusätzlich errichten Biber Dämme aus Ästen und Schlamm, mit denen sie nach ihren Bedürfnissen Gewässer aufstauen. Dadurch sind sie eine Schlüsselart für Auenlandschaften und schaffen durch Vernässung, Totholz und Strukturmosaike wandelbare, ökologisch extrem wertvolle Lebensräume für unzählige Tier- und Pflanzenarten.
Mensch und Biber
Konflikte zwischen Menschen und Bibern sind nicht die Regel, können aber dort auftreten, wo die menschliche Nutzung bis unmittelbar an Bibergewässer heranreicht. Dort werden Klagen laut über die Unterminierung von Ufern und Hochwasserdeichen, die Überflutung und Unterspülung von Wegen, über Fraßschäden auf ufernahen Feldern und in gewässerbegleitenden Gehölzen. Hier braucht es ein „Bibermanagement“, vor allem die Einrichtung höchstens extensiv genutzter Uferrandstreifen an Gewässern. Zum Schutz ufernaher Siedlungen, Straßen, Bahntrassen, Dämme und Pflanzungen haben sich Sicherungsmaßnahmen wie Sperren aus Metall bewährt. Übermäßige Stauungen können durch eingefügte Dammöffnungen verhindert werden. Sollte das alles nicht ausreichen, ist auch eine Umsiedlung der „Problembiber“ durch die Naturschutzbehörden möglich. Indes: Bis 2015 sollten nach EU-Vorgaben alle Gewässer einen „guten ökologischen Zustand“ aufweisen. Dieses gesetzlich verbindliche Ziel ist auch im Jahr 2024 noch längst nicht erreicht; die Lahn ist dafür ein gutes Beispiel. Da können Biber helfen! Zum Nulltarif verwandeln sie begradigte und verbaute Flüsse in naturnahe Gewässerlandschaften. Deshalb empfiehlt der NABU die Ausweisung von Gewässer-Entwicklungsstreifen: So stünden den Bibern 10 bis 30 Meter breite Schutzzonen an beiden Flussufern zur Verfügung, in denen sie die Gewässer frei gestalten und damit unsere Verpflichtungen erfüllen könnten.