100 weitere Nistkästen
In den letzten Monaten wurden die etwa 1000 Nistkästen von Mitgliedern des NABU-Rhein-Lahn kontrolliert und gereinigt. Dies ist alljährlich notwendig, um sie für Vogelarten wie Kohl-, Blau- und Tannenmeise, Kleiber, Trauerschnäpper und Co nutzbar zu machen. Rechtzeitig für die neue Brutsaison wurden fast 100 Nisthilfen bestellt und an Helferinnen und Helfer des NABU Rhein-Lahn ausgeliefert.
Jetzt im Frühling bieten uns Baumärkte, Gartencenter und Discounter eine Fülle von Gartenartikeln an, darunter auch Unmengen an Vogelnistkästen für jeden Geschmack und Geldbeutel. Bunt lackiert oder beklebt, mit niedlichen Bildern und Anbauten verziert locken sie Kunden, die damit ihre Gärten verschönern und vor allem den Vögeln helfen wollen. Eigentlich gut so! Doch bei näherer Betrachtung erweisen sich die allermeisten der hübschen Nistkästen leider als untauglich, denn sie sind vielleicht gut gemeint, aber schlecht gemacht und daher für Vögel oft sogar gefährlich.
Fangen wir mit dem Material an: Billige Nistkästen bestehen meist aus primitiv getackerten, millimeterdünnen Sperrholz- oder gar Spanplatten. In solchen Kästen ist es im Sommer drückend heiß, im Winter saukalt und bei Regen bald nass. Spechte zerhacken die dünnen Wände mühelos und nach kurzer Zeit fällt alles auseinander. Sind die Außenwände dicht lackiert oder foliert, wird es zudem in diesen Kästen fast so stickig wie in den üblen Plastikkästen, die leider immer noch im Handel zu finden sind.
Sodann die Formgebung: Fast alle billigen Nistkästen sind viel zu klein! Ihre Böden sind kleiner als ein Bierdeckel – da wird es für ein Meisenpaar mit einem Dutzend Jungvögeln verflixt eng. Die Küken liegen übereinander, die Altvögel müssen zum Füttern auf deren Köpfe springen, das Einflugloch liegt so nah, dass Katzen, Waschbären, Eichhörnchen und Spechte die Jungen bequem herausangeln können. Die Fluglöcher selbst sind manchmal riesig, so dass Räuber noch leichteren Zugang haben, manchmal aber auch so winzig, dass kein Vogel hindurchpasst. Durch spitze Dächer und andere Designspielereien wird der Innenraum oft noch knapper und ist schwer zu reinigen. Letztlich erwerben die Käufer dieser Nistkästen keinen artgemäßen Lebensraum, sondern pure Gartendekoration. Dass trotzdem viele Vögel darin ihre Jungen aufziehen, ist kein Argument: Zum einen liegt es am Mangel geeigneter Nisthöhlen, zum anderen fliegen die noch unreifen Jungen aus Platznot einige Tage zu früh aus und sterben dann zu 80% an Hunger und Kälte oder als leichte Beute der vielen Räuber. Aber das sehen die Besitzer dieser Kästen nicht mehr!
Gute Nistkästen hingegen sind geräumig, stabil, langlebig und artgerecht konstruiert. Idealerweise bestehen sie aus Holzbeton, einer Mischung aus Sägespänen und Zement. Dieses harte, atmungsaktive Material schützt vor Hitze, Kälte, Nässe, Feinden und überdauert Jahrzehnte. Die Einfluglöcher sind exakt auf bestimmte Höhlenbrüter zugeschnitten; zur besseren Belüftung haben die Kästen oft mehrere Löcher. Die Vorderwand ist vorgewölbt, so dass Räuber mit ihren Krallen die Jungen nicht erreichen. Innenraum und Boden sind so groß, dass die Jungen genug Platz im Nest finden und den Altvögeln im Vorderbereich genug Fläche bleibt, um ihre Brut von der Seite zu versorgen. Die wenigen Hersteller dieser Kästen beliefern traditionell Naturschutzverbände, Forst-, Garten- und Friedhofsämter und bieten nicht nur für viele Vogelarten, sondern auch für Insekten, Fledermäuse und andere Säugetiere optimierte Höhlen an. Auch für Privatleute sind sie im Fachhandel erhältlich: Eine sogenannte Vollhöhle kostet etwa 30 Euro und ist damit im Vergleich zur Ramschware wirklich preiswert. Sie eignet sich für Kohl-, Blau-, Sumpf-, Tannen- und Haubenmeise, Gartenrotschwanz, Kleiber, Trauerschnäpper, Feld- und Haussperling. Einen Halbhöhlenkasten bevorzugen Hausrotschwanz, Bachstelze und Grauschnäpper. Für Mehl- und Rauchschwalben gibt es spezielle Brutnäpfe und selbst für Falken, Eulen, Mauersegler oder Wasseramseln stehen besondere Kästen bereit.
Für die Anbringung der Nistkästen gibt es einige Faustregeln: Nicht zu niedrig, nicht in die pralle Sonne, nicht in zu dichtes Geäst hängen, Flugloch nicht zur Wetterseite ausrichten!
Zum Schluss seien Heimwerker daran erinnert, dass man gute Nistkästen auch selbst zimmern kann. Bauanleitungen gibt es zum Beispiel unter https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/voegel/helfen/nistkaesten/index.html und www.naburheinlahn.de.